Lissabon Reisebericht 2016
Inhaltsverzeichnis
Tag 1: Ankunft in Lissabon
Mittwoch 26.05.2016
Wir, das sind mein Travelbuddy Lili und ich, kommen abends gegen 20h aus Budapest angeflogen und freuen uns über entspannte 20 Grad und einen nur leicht bewölkten Himmel, an dem die Sonne sich schon in Richtung Horizont neigt. Per Metro geht’s zum Hostel Aykibom, ein Altbau, in dem der Eigentümer hat kleine aus Holzzwischenwänden bestehende Zimmer hat fertigen lassen. Gutes Businessmodell, wie ich finde, so lässt sich eine Menge Kohle mit Wohneigentum machen 😉 Alles ist einfach gehalten, aber bei 100 Euro für ein Twinzimmer ohne Bad für 4 Nächte mit Frühstück und kostenlosem Wifi ist echt ein Schnäppchen. Denn was brauchen wir schon groß außer einem Bett. Wir haben einen schönen Ausblick aus dem 4. Stock auf die Umgebung und liegen genau am Grenzbereich zum Zentrum, zwei Gehminuten von der nächsten U-Bahnstation entfernt. Wir halten uns dann auch nicht lange auf und machen uns auf den Weg nach Baixa, einen Bezirk im Zentrum bekannt für ein lebendiges Nachtleben und viele Restaurants. Nach dem langen Flug mit dem ungarischen Billiganbieter Wizzair sind wir natürlich extrem hungrig.
Und erfreulicherweise dauert es auch nicht lange, da haben wir schon ein für uns geeignetes kleines Restaurant mit einheimischer Küche gefunden, das „Tasca de Lyon“. Wir lassen uns nicht dadurch irritieren, dass das Personal asiatische Wurzeln zu haben scheint, und wir werden belohnt, denn der Fisch (Basse, …) schmeckt fantastisch, das Gemüse dazu ist knackig und in Knoblauch-Butter Sauce einfach nur ein Gedicht, ich hätte davon am liebsten gleich noch eine Portion verdrückt!
Die Bedienung ist glücklich, ich erinnere mich an ein paar von meinen Portugiesisch Kenntnissen übrig gebliebene Sätze und schließlich verabschieden wir uns gesättigt und voller Vorfreude auf weitere kulinarische Genüsse und schöne Tag in dieser Stadt! An der Praca da Figueira wird schon der Asphalt mit Wasser aus Schläuchen gesäubert und wir sind dann am Ende froh, schnell mit der Metro im Hostel zu sein. Müde geht’s ins Bett und ich schlafe wie ein Baby, bis die innere Uhr mit um 7 Uhr weckt.
Tag 2: Aussichtspunkte in den Stadtteilen Bairro Alto, Alfama und Graca
Donnerstag 27.5.16
Erste Eindrücke
Der Tag startet gemütlich und ohne Hetze, nach einem Blick auf das Frühstücksbüffet beschließen wir, erstmal den Supermarkt zu besuchen und uns mit mediterranen Köstlichkeiten für den Tag auszustatten. Chorizo und Manchego gesellen sich zu leckerem Obst, und so ausgerüstet begeben wir uns auf die kleine Dachterrasse unseres Hostels, wo wir mit Blick auf den Hinterhof und gegenüberliegende Wohnungen unser Mahl genießen. Es wirkt hier alles etwas heruntergekommen, viel Müll liegt herum, die Menschen haben wenig Geld, auch an der Kleidung merkt man es, wenn man die Menschen in der U-Bahn betrachtet. Wir erfahren von einem Holländer, der sich zu uns gesellt und mich anhand meiner englischen Aussprache als Iren zu identifizieren glaubt, dass die Preise für Wohnungen hier gerade immens ansteigen, weil Deutsche, Franzosen und andere reiche Europäer ganze Häuser kaufen in der Innenstadt, renovieren und teuer vermieten oder zu Hostels umfunktionieren. Portugal im Ausverkauf, das hab ich auch schon von Griechenland gehört… Die Löhne hier sind wohl sehr gering im Vergleich zu Österreich und Deutschland.
Miradouro de Santa Caterina
Gesättigt und aufgeregt begeben wir uns schließlich nach Baixa-Chiado und bewundern nach ein paar Gehminuten erstmals einen der vielen tollen Ausblicke auf die Stadt der sieben Hügel vom Miradouro de Santa Caterina der schon zum Stadtteil Bairro Alto zählt. Da brauche ich natürlich wie immer ein bisschen länger mit dem Fotografieren :p
Man sieht von hier den Tejo, die Brücke, die eine Kopie der roten Brücke in San Franzisco zu sein scheint (bzw. wäre die Frage wohl, wer zuerst da war 😉 , die Christo Rei Statue und die Dächer der Altstadt Bairro Alto. Das Bairro Alto besticht durch eine entspannte Atmosphäre, überall duftet es nach Pasteis de Nata (süßes Blätterteiggebäck mit Sahnefüllung) oder Fisch und Knoblauch, die süßen kleinen Gassen laden zum Herumstreunern ein, und der Sonnenschein verspricht einen herrlichen Tag!
Fahrt mit der Eléctrico 28 nach Alfama
Wir entschließen uns dann, eine Fahrt mit der legendären Straßenbahn Nr. 28 zu machen, die kreuz und quer durch die teils sehr engen Gassen die Hügel auf und ab fährt. Wir erwischen eine, die nicht zu überfüllt ist und genießen das Fahrgefühl. An den Largos de las portas do Sol steigen wir aus und bewundern den herrlichen Ausblick auf den Stadtteil Alfama und den Tejo. Alle Plätze laden hier zum Verweilen ein, wir nehmen uns immer viel Zeit und lassen uns treiben. Nach einem kurzen Abstecher zur Praca do Santa Luzia geht’s rauf zum Castelo de Sao Jorge, der alten Festung, die über der Stadt thront. Von hier aus sieht man wohl am weitesten in alle Richtungen. Immer wieder eröffnen sich uns neue Ausblicke, während wir um die Burg herumstreunern bzw. auf dem Wehrgang die Runde machen.
Dazu wohltuend warmer Sonnenschein, den wir etwas unterschätzt haben und am Ende des Tages mit einem leichten Sonnenbrand auf Nase und Armen bezahlen müssen. Ein kleines Picknick mit Baguettes, Lachs, Manchego und Chorizo gibt uns wieder Kraft und wir setzen unseren Spaziergang fort durch die Gassen von Alfama, zurück zum Largo de las portas do sol, wo wir uns dann ein kühles Sagres Bier gönnen auf einer gigantischen Terrasse mit Sofas, gemütlichem Ambiente und dem Blick auf den Tejo und ein zwei monströse Kreuzfahrtschiffe. Hier lässt es sich ein paar Stunden aushalten!
Brasilianische Urlaubsbekanntschaften am Miradouro da Senhora do Monte
Wir reißen uns dann aber los und machen uns zu Fuß weiter den Hügel hinauf auf zur Kirche von Graca und weiteren Aussichtspunkten. Endstation ist dann der Miradouro da Senhora do Monte, hier geht ein ordentlicher Wind, aber wir sehen sogar die Festung und rechter Hand die Brücke des 25. Juli. Überall gibt’s Kioske, wir bewaffnen uns mit einem weiteren Bier und gesellen uns schließlich zu ein paar Brasilianern, mit denen wir schnell warm werden und angeregte und lustige Gespräche führen. Lis, Isabela, Carolin, Mateus und Lucas laden uns dann schließlich in Mateus WG ein, wo wir gemeinsam Pasta kochen und ich meine kläglichen Portugiesisch Kenntnisse auffrischen kann. An dieser Stelle merke ich dann auch, wie sehr sich doch brasilianisches Portugiesisch vom Original in der Aussprache und auch häufig Wortwahl unterscheidet.
Schließlich übermannt uns alle die Müdigkeit und wir machen uns zu Fuß mit Lucas, Isabela und Lis auf den Heimweg, der erstaunlicherweise nicht sehr weit ist bis zu unserem Hostel, das ganz in der Nähe des Campus der technischen Universität liegt. Die Dimensionen der Stadt sind tatsächlich am Anfang nicht so leicht auszumachen. Im Endeffekt stellen wir am Ende unseres Trips fest, dass man zu Fuß doch sehr vieles schneller erreicht als anfänglich geglaubt.
Tag 3: Belém, Parque Edouardo und Lissabon bei Nacht
Freitag 28.5.16
Spazieren entlang des Tejo in Belém
Mit kaum mehr als 5 Stunden Schlaf startet der neue Tag. Die Zeitverschiebung, meine innere Uhr, das Tageslicht und der Straßenlärm lassen mich um 6 Uhr aufwachen. Ich nutze die Zeit, um Emails zu beantworten und Fotos zu sichern, bis auch Lili nicht mehr schlafen kann und wir uns schließlich aufmachen zum Supermarkt, um Frühstück und Verpflegung für den Tag zu besorgen. Auffällig ist, dass täglich an einigen Kassen die Kunden mit den Kassierern diskutieren und Unstimmigkeiten auf den Kassenbons oder ausgeschriebene Sonderangebote reklamieren. Die Vermutung liegt nahe, dass die Menschen hier nicht viel Geld haben und auf jeden Cent schauen müssen. Die Wirtschaftslage hier ist nicht sehr ermutigend, viele junge Leute gehen daher auch weg, erfahren wir später.
Heute machen wir uns auf in den Stadtteil Belém. Das Wetter ist nicht ganz so schön wie gestern, aber angesichts der vorangekündigten Dauerregentage über unsere gesamte Reisezeit bin ich wiedermal mit großem Glück gesegnet, denn trotz einiger Bewölkung ist auch heute immer wieder die Sonne zur Stelle und erfreut uns mit 20 Grad. Von Regen keine Spur.
Per Metro und Bus geht es nach Belém, wo uns zunächst wiedermal süßer Duft in die Nase steigt und vor dem Café Pasteis de Belém Schlangen stehen, um die berühmten gleichnamigen Blätterteigleckereien zu ergattern. Wir heben uns einen Besuch dort für später auf. Wir gehen ein Stück weiter und gelangen zum Kloster „Mosteiro dos Jeronimos“, das von außen sehr prachtvoll aussieht.
Das Archäologiemuseum grenzt unmittelbar daran. Museumsliebhaber kommen ohnehin hier in Lissabon voll auf ihre Kosten, die Stadt wimmelt nur so davon, mich selbst begeistern ja grundsätzlich nur wenige Museen, ich genieße es eher, mich treiben zu lassen, die Atmosphäre einer Stadt aufzusaugen oder schnellstmöglich Parks oder die Natur der Umgebung aufzusuchen. Wir schauen kurz in die Kirche „Igreja de Santa Maria“ hinein und bewundern dann den Park am Praca do Imperio vor dem Kloster. Von dort aus ist es nur ein Katzensprung zum Ufer des Tejo, wo wir den ersten Blick auf den Torre de Belém erhaschen und uns das Monument „Padrao dos Descobrimentos“, das 1960 anlässlich des 500. Todestages Heinrichs des Seefahrers zum Gedenken an das Zeitalter portugiesischer Seefahrer und Entdecker errichtet worden war, anschauen.
Mit einem Lift fährt man zu einer Plattform, die einen herrlichen Blick auf Belem und andere Stadtteile bietet. Weiter geht’s dann an kleinen Häfen für Boote und Mini-Yachten zum Torre de Belém, der im frühen 16. Jahrhundert mit dem Zweck eines Leucht- und Wachturms errichtet worden war und eine Mischung aus manuelinischer und maurischer Architektur darstellt. Da unsere Mägen langsam knurren, sparen wir uns eine Besichtigung des Inneren und machen uns wieder auf den Rückweg zum Park vor dem Kloster, wo wir dann endlich die hart erkämpften noch warmen Pasteis de Belém genüsslich verzehren.
Ich habe nicht ganz den Unterschied zu den Pasteis de nata herausgeschmeckt, wenn denn da einer besteht. Zucker und Zimt, die traditionell darübergestreut werden, habe ich ohnehin weggelassen, da das Ganze schon süß genug ist 😉 Lecker ist es jedenfalls!
Bei der Gelegenheit erweitern wir den Snack gleich zur Nachmittagsjausen und teilen uns die mitgebrachten Baguettes mit Manchego mit den gierigen Tauben. Naja, Lili zumindest, ich bin da etwas geiziger ;p
Buchmesse im Parque Edouardo VII und Abendstimmung im Bairro Alto
Anschließend fahren wir zum Parque Edouardo VII, der einen schönen Blick hinunter nach Baixa und den dahinterliegenden Tejo bietet.
Im unteren Abschnitt findet gerade eine open-air Buchmesse statt, zahlreiche kleine Buden mit Büchern sind aufgebaut, dazwischen immer wieder süße Foodtrucks, die überhaupt an jeder Ecke zu sprießen scheinen.
Auch hier lassen wir uns gemütlich für einen Aperitivo nieder, es lebe die entspannte Urlaubsatmosphäre! Entlang der Prachtstraße Avenida de Liberdade mit den großen, berühmten Boutiquen (an denen ich Lili glücklicherweise vorbeischleusen konnte, ohne einen Fuß hineinzusetzen) laufen wir dann in Richtung „Jardim Botanico“. Da die Sonne sich jedoch schon langsam dem Horizont nähert, beschließen wir, uns durch die nach Essen duftenden Gassen des Bairro Alto zum Miradouro de Santa Caterina aufzumachen, um den Sonnenuntergang bei einem Bier zu feiern. Vorbei an dem netten kleinen Park „Praca do Principe Real“, wo chillige Sounds den abendsonnebeschienenen Platz beschallen und die auf Bänken oder Cafétischen sitzenden Einheimischen erfreuen, finden wir einen Weg durch die kleinen Gassen hinüber zu dem beliebten Aussichtspunkt, an dem einige Straßenmusiker und Trommler sowie reichlich Alkohol für Stimmung sorgen.
Ein nächtlicher Walzer über den Dächern der Stadt
Uns gefiel jedoch die Aussicht vom Miradouro de Nossa Senhora do Monte gestern so gut, dass wir uns entschlossen, doch dort hinzufahren. Per Metro und mithilfe von GPS und Googlemaps, die ich zum ersten Mal auf Reisen überhaupt ausprobiert habe, gelangen wir viel zügiger als vermutet zu unserem kleinen Lieblingsplatz. Zu unserem Erstaunen laufen wir dabei direkt an Mateus offenem Fenster vorbei! Er sitzt gemütlich in seinem Zimmer und hört verträumt Musik. Wir müssen lachen, er erkennt uns auch erst auf den zweiten Blick! Wir planen kurz, uns für den nächsten Tag und einen Ausflug nach Sintra zu verabreden, dann ziehen wir weiter. Leider wird es heute nichts mit einem sichtbaren Sonnenuntergang, zu dichte Bewölkung ist gen Abend aufgezogen. Die Wolken allerdings sind spektakulär, und der Ausblick lohnt sich dennoch, ich habe große Freude daran, die beleutete Stadt im Dunkeln zu fotografieren.
Und eine weitere Besonderheit wartet dort auf uns: ein paar Einheimische, die mittelalterliche Tänze zu entsprechender Live-Musik üben und uns zum Mitmachen auffordern! Es ist einfach toll anzusehen und die Musik ist berührend und melodisch! Lili lässt sich zu einem Walzer überreden, dann verliebt sie sich in ein Abbild ihres eigenen Labradors und ist ganz verzückt, was ich dazu nutze, ein bisschen zu fotografieren und zu filmen. Schließlich treiben uns der Hunger und die Sorge, nach 22h nichts mehr zum Essen zu bekommen von diesem kleinen Flecken Herrlichkeit weg, den Weg hinunter nach Alfama, wo wir dann aufm dem Largo de las portas do sol ein nächtliches Mahl mit Meeresfrüchten und Fisch einnehmen, das allerdings nicht so ganz der erhofften Qualität entspricht. Aber das tut unserer entspannten guten Laune auch keinen Abbruch. Wir spazieren zurück nach Baixa und fahren mit der Metro zurück zu unserer schnuckligen kleinen Schuhschachtel im Hostel.
Völlig erledigt fallen wir ins Bett.
Tag 4: Ausflug nach Sintra
Samstag 29.5.2016
Anfahrt
Heute schauen wir uns Sintra an, eine ehemalige Königsresidenz des Mittelalters, eine Kleinstadt von etwas über 20.000 Einwohnern mit herrschaftlichen Häusern und einigen Schlössern inmitten von Wäldern. Es liegt ca. 30km außerhalb von Lissabon und ist in knapp 20min mit dem Zug erreichbar. Dazu kann man von der Station Sete Rias in der Nähe der Metro Station Zoologico (blaue Linie) oder auch vom Bahnhof Rossio in Baixa aus losfahren. Wir treffen uns mit Lis und ihren beiden unzertrennlichen Freundinnen Franciane und Juliane und machen uns voller Vorfreude bei erneut ganz gutem Wetter um 10 Uhr auf den Weg. Bei unserer Ankunft dauert es eine Weile, bis wir inmitten der Horden von Touristen die günstigste Variante herausgefunden haben, zu den Schlössern zu gelangen, die uns interessieren. Es wird schließlich eine private Busgesellschaft, die in der Nähe des Bahnhofs bei der Touristeninfo ihre Haltestelle hat und günstige Fahrten zu den einzelnen Sehenswürdigkeiten offeriert. Wir zahlen für unsere Route 5 Euro pro Person. Es gibt allerdings auch eine Menge privater Anbieter, die mit Kleinbussen Rundreisen anbieten, die auch die in der Nähe gelegene Felsküste Cabo da Roca einschließen. Wir wollen allerdings zeitlich unabhängig sein.
Der Palacio da Pena und Quinta de Regaleira
Auf unserem Plan stehen der Palacio da Pena, ein bunt angemaltes Schloss verschiedenster Baustilarten, das man auch das portugiesische Neuschwanstein nennt sowie die Quinta de Regaleira, eine extravagante gotische Residenz des ehemals reichsten Mannes Portugals Anfang des 20. Jahrhunderts mit seiner Hauptattraktion, dem riesigen Garten, der unter anderem ein Tunnel- und Grottensystem beinhaltet. Die Residenz selbst schaut ein bisschen wie ein Mini-Harry-Potter Schloss aus. Beide Gebäude sind zu Museen umfunktioniert worden. Wir starten mit dem Palacio da Pena, der hoch oben über Sintra thront und umgeben ist von einem Park aus exotischen Bäumen und Pflanzen. Es ist gar nicht so leicht, den Palast mit der Kamera einzufangen, während wir uns immer weiter bergauf begeben und sich immer neue Gebäudeteile enthüllen. Dazu kommen immer wieder wechselnde Lichtverhältnisse und ein Wolken-Sonne-Mix, der das Fotografieren heute erschwert. Aber meine Begleiterinnen sind geduldig und keiner ist beleidigt oder panisch, wenn wir uns mal aus den Augen verlieren und jeder seinen Weg geht. Prompt verliere ich die anderen dann auch beim Besichtigen des Museums im Schloss. Aber eine dreiviertel Stunde später treffen wir uns dann draußen wieder, während ich genüsslich meine mitgebrachten Jausenbrote verzehre. Ich mag den Anblick dieses Palastes mit seinen bunten Farben und den maurischen Elementen. Und der Ausblick von hier oben auf Sintra, das Castelo dos Mouros (maurische Festung), von dem größtenteils nur noch die Ruinen stehen, bis nach Lissabon und aufs Meer ist einfach grandios.
Nachdem auch die anderen sich etwas gestärkt haben, begeben wir uns per Bus wieder zurück in den Ort und marschieren zu Fuß zur Quinta de Regaleira. Hier fühlen wir uns gleich alle pudelwohl und bewundern den toll gestalteten Garten. Besonders meine Begleiterinnen erkunden die vielen in den Park integrierten Höhlen und Grotten mit der Begeisterung und Neugierde kleiner verspielter Mädchen. Es ist eine Freude, sie dabei zu beobachten! Immer weiter geht es auch hier den Hügel hinauf mit immer neuen Ausblicken auf das Umland.
Meeresfrüchte im Portugalia und Pasteis de Nata
Rechtzeitig bevor der erste Regenschauer des Urlaubs niedergeht, schaffen wir es am frühen Abend dann zurück in den Ort, wo wir uns in eine Konditorei flüchten und einmal mehr Pasteis de nata und andere Leckereien kosten. Mit dem Zug geht es schließlich wieder zurück nach Lissabon, wo wir uns abschließend zu einem ausgedehnten Abendessen im Restaurant Portugalia versammeln und allerlei Fisch und Meeresfrüchte schlemmen. Der Genuss dieser exquisiten Gaumenfreuden fällt mir als sonst recht striktem Veganer hier im Urlaub natürlich besonders leicht, Ausnahmen haben halt tatsächlich ihre Vorzüge, und das Essen ist wahrlich etwas Besonderes hier. Nebenbei muss ich zwar miterleben, wie Real Madrid im Championsleague Finale den Stadtrivalen Atlético im Elfmeterschießen bezwingt, aber wer braucht schon einen perfekten Tag?! 😉
Lili und Lis können dann nicht umhin, das Abendmahl mit einer Süßspeise abzurunden zu wollen, so dass wir uns kurz vor Mitternacht noch in einer ganz unscheinbaren Konditorei einfinden, die die Mädels zum Schwärmen bringt. Treppe geht es in einen Keller, wo zwei emsige Bedienungen die Bestellungen der zahlreichen in Schlange stehenden Menschen an einer kioskähnlichen Theke entgegennehmen und allerlei Blätterteigtaschen und sonstiges Gebäck einpacken. Lili probiert sich an in Schokolade getauchten Churros, ich selbst begnüge mich damit, mal kurz zu probieren, ich bin halt doch eher der Hauptspeisengourmant 😛
Ziemlich erledigt vom vielen Herumwandern verabschieden wir uns von unseren neuen brasilianischen Freunden und fallen auch heute wieder selig in unsere glücklicherweise komfortablen Matratzen.
Tag 5: Baixa und entspannter Abschied auf einer Dachterasse im Bairro Alto
Sonntag 30.5.2016
Ausblick vom Elevador Santa Justa
Unser letzter Tag steht an. Ich wünschte jetzt schon, wir hätten noch mehr Zeit. Es gäbe noch so viel zu sehen, außerdem hätte ich mich gerne noch viel mehr treiben lassen. Wir packen morgens flott unser Zeugs, verstauen es an der Rezeption des Hostels und fahren mit der nun schon vertrauten Metro auf nach Baixa-Chiado, um noch ein paar neue Orte zu erkunden. Wir starten bei herrlichem Wetter mit einem Spaziergang zur Praca do Comércio, dem wohl weitläufigsten Platz in Lissabon, direkt am Tejo gelegen. Wir schauen den Fähren zu, schlendern gemütlich über den Platz, wehren dabei gekonnt die Versuche der Straßenverkäufer ab, uns Selfie-Sticks oder Sonnenbrillen anzudrehen und genießen die angenehme Meeresbrise und den salzigen Duft in der Luft. Anschließend flanieren wir durch die Fußgängerzonen bis zum Elevador Santa Justa, an dem eine lange Schlange steht. Als wir erfahren, dass die vor Stehenden schon eine halbe Stunde gewartet haben, beschließen wir, uns auf anderem Wege einen Ausblick zu verschaffen und entdecken auf diese Weise, dass man sich den Aufzug im Grunde sparen und über eine parallele Seitenstraße und ein Café neben der Igreja do carmo auch zu Fuß und ohne Anstehen auf die Aussichtsplattform gelangen kann. Von hier aus haben wir wiedermal großartige Ausblicke in alle Richtungen.
Die Igreja do carmo gleich nebenan ist eine Kirchenruine, der das Dach fehlt. Man hat sie dennoch als Museum so belassen, und Mutter Natur versucht, sie sich zurückzuerobern, was das Ganze natürlich sehr romantisch und bizarr wirken lässt in der städtischen Umgebung. Erst jetzt nach vier Tagen erschließen sich mir so richtig die Dimensionen des Stadtkerns, wir sehen die Burg von einer anderen Seite, auch die Ausblicke von Graca und Nossa Senhora do monte sowie dem Parque Edouardo VII sind von hier erkennbar und gar nicht so fern wie vermutet. Wir schauen herunter auf den Rossio und die Praca da Figueira und können uns nicht sattsehen an der hügeligen Stadt.
Fado Klänge, Casa do Alentejo und Fisch in der Tasca d´Lyon
Doch schlussendlich können wir uns losreißen und wandern weiter durch die Gassen, hören Fadoklängen einer tollen Sängerin zu und gelangen schließlich zur Casa do Alentejo, einem kleinen Palastgebäude, das von außen unscheinbar ist, aber innen einen typisch maurischen Innenhof nebst riesigen Sälen, die sich hervorragend für Bälle und Hochzeiten eignen. Kaum jemand hat sich hierhin verirrt und der Gastronomiebetrieb ist sonntags geschlossen, so dass wir hier ein paar ruhige Minuten finden. Draußen bemühen sich die Animationskünstler und offensive Restaurantbedienungen, uns in ihre Straßenrestaurants zu locken, die zwar mit schönem Ambiente reizen, aber der Erfahrung nach bei Weitem nicht das beste Essen zu bieten haben. Wir beschließen nach der Feststellung, dass die uns empfohlenen Restaurants alle sonntags geschlossen haben, zu dem zurückzukehren, was wir kennen und für sehr gut befunden haben, der Tasceria (= Taverne, Lokal) „Tasca d´Lyon“, wo wir von der überaus herzlichen Bedienung wiedererkannt und sehr freundlich zu unserem Tisch geleitet werden.
Diesmal probiere ich eine Fisch- und Meeresfrüchtesuppe, und auch die ist vorzüglich. Warum macht Essen eigentlich so glücklich?! 😀
Dachterrassenbar „Park“
Gesättigt und zufrieden beschließen wir dann, alle weiteren Sehenswürdigkeiten auszulassen und uns stattdessen mit Lis in einer Dachterrassenbar im Bairro Alto zu treffen, um bei einem Cocktail und Sonnenschein mit Ausblick auf den Tejo und die Dächer der Stadt diesen Urlaub ausklingen zu lassen. Die Bar ist ziemlich versteckt auf einem Parkdeck zu finden, zwar nicht mehr ganz so der Geheimtipp, aber immer noch deutlich von Einheimischen dominiert und wirklich sehr gemütlich und stilvoll mit viel Holz hergerichtet. Wir geben zwar irgendwann unseren tollen Blick auf und wechseln aus dem kühl werdenden und heute stärker wehenden Wind in den geschützten Innenbereich, dafür können wir dort dem DJ beim Jonglieren mit den Plattentellern und Klängen zusehen und lauschen. Es ist so wunderbar entspannend, dass wir gar nicht gehen wollen. Doch nach drei Stunden lässt sich dann leider nicht mehr ignorieren, dass wir zum Flughafen müssen. Lis begleitet uns noch ein Stück, dann heißt es, Abschied nehmen. Lis war uns eine sehr angenehme, lustige und fröhliche Begleiterin in unserer Zeit hier, Lili hat eine verwandte Seele in ihr gefunden, und natürlich hoffen wir auf ein Wiedersehen!
Ein wenig traurig, aber leider auch schon mit ein paar Gedanken an die bevorstehenden Tage machen wir uns schweigend mit unserem Gepäck mit der Metro auf den Weg zum Flughafen.
Fazit
Auch wenn es nur ein kurzer Aufenthalt war, so lässt sich doch sagen, dass Lissabon vor allem durch seine entspannte Atmosphäre und fantastische Ausblicke besticht. Die kleinen Gassen im Bairro Alto und die vielen Plätze in der ganzen Stadt laden zum Verweilen ein und die verführerischen Düfte von Meeresfrüchten, Fisch und Knoblauch oder auch Backwaren lösen den Wunsch aus, sich alle zwei Stunden den Magen vollzuschlagen. Abgerundet wird das Ganze durch eine ereignisreiche Geschichte und viele Möglichkeiten, dem Stadtleben zu entfliehen. Lissabon gehört für mich definitiv zu den vielseitigsten und charmantesten Städten Europas!
Até logo Lisboa!!