Reisebericht Weltreise: Peru 2003

Ich sitze gerade gemütlich im Sonnenschein in Copacabana/Bolivien an einem Steintisch mit herrlichem Blick auf den Titicacasee, auf dem sich viele kleine Boote tummeln. Wir haben schon überlegt, ob wir nicht einen Tag hierbleiben sollen, aber die Zeit sitzt uns unerbärmlich im Nacken, in 9 Tagen ist Abflug von Santiago de Chile aus und wir sehen keine Chance mehr, einen späteren Flug zu bekommen. Schade! So entgeht uns Patagonien, der Colqua-Canon in Arequipa/Peru und auch eine mögliche mehrtägige Amazonastour. Wir hatten so gehofft, zwei Wochen länger bleiben zu können, aber was solls, so haben wir mehr Zeit in Neuseeland, auch wenn das Leben dort erheblich teurer werden wird.

Der gute Rob hat uns ein paar nette Ziele genannt, viel Wandern und ein bissel Extremsport ist angesagt. Das Wandern sind wir ja nun schon gewohnt, schließlich haben wir problemlos in 4 Tagen den Inkatrail zum Machu Picchu in Peru bewältigt.

Cusco

Von Guatemala City über Panama City, wo wir neben einem gerade aus einem kubanischen Gefängnis freigelassenen betrunkenen Knasti saßen – sehr ermutigend! – nach Lima. Dort haben wir die Nacht am Flughafen verbracht, fleißig traveller Infos gesammelt, um dann gleich den ersten Flug nach Cusco, dem Zentrum des Inkareiches in seiner Blütezeit, zu nehmen, um keine Zeit zu verlieren mit endlosen Busfahrten. In Cusco wurde die Luft dann schon recht dünn auf 3200m. Doch wir nahmen die Herausforderung an, einige Treppen vom Plaza de armas auf einen Hügel hinaufzusteigen mitsamt allen Gepäcks, um den herrlichen Ausblick auf die Stadt von der Dachterrasse genießen zu können. Cusco ist für meinen Geschmack die bislang schönste Stadt, die wir gesehen haben. Vielleicht ist es die Lage, umgeben von den braunen Andenbergen in einem Talkessel, die roten Ziegeldächer und das farblich passenden braun der Häuserfassaden und Kirchen. Nun, hier sollten wir uns 3 Tage akklimatisieren, bevor es losging zum Inkatrail, der uns zur verlorenen Stadt Machu Picchu (in Quechua-Sprache: alter Berg) führen sollte. Die 3 Tage verbrachten wir dösend, schreibend und bummelnd in der Stadt, für Ausflüge in die Umgebung waren wir zu faul. Im Künstlerviertel gab es ein zwei wirklich beeindruckende Galerien mit wunderschönen Bildern, doch wie hätten wir die wohl mitschleppen sollen?! Es war aber schon ein Genuss, sie nur anschauen zu dürfen. Highlight war die Entwicklung der bereis geschossenen Fotos zu günstigem Preis. Ich war überrascht, von der Fülle der richtig gut gewordenen Fotos, die wir mittlerweile per Paket auf dem Heimweg sind. Dann endlich war es soweit.

Der Inka-Trail und Machu Picchu

Aufgeregt starteten wir mit unserer Gruppe im Bus nach Ollantaytambo zum berühmten Kilometer 82 der Bahnstrecke: Ausgangspunkt unseres 4 Tage Treks über 45 km, der als ziemliche Herausforderung für den Körper gilt, sollten wir doch Pässe über 4200m überwinden. Nun, der erste Tag war ein eher leichtes Programm mit seinen 11km von 2600m auf 2900 m Höhe. Dafür war die Aussicht auf die Teils schneebedeckten 6000er ringsum einfach göttlich! Wir ließen uns Zeit und gaben der Gruppe großzügig Zeit, schon mal vorzurennen. Ja, da kam schon der Wunsch auf, mal einfach ein paar Tage nichtstuend vor einer Heidihütte zu sitzen und den Ausblick träumend zu genießen. Das Wetter war an diesem Tag auf unserer Seite, auch wenn die Temperaturen hier in Südamerika bei Verschwinden der Sonne  ins Eisige sinken, was sich natürlich negativ auf das Gewicht unseres Gepäcks auswirkte (warme Kleidung, dicker Schlafsack). Da ich allerdings in Erwartung einer Höllenanstrengung so wenig wie möglich schleppen wollte, nahm ich mit meinem Minischlafsack und einem dicken Poncho – in Guatemala erstanden – Vorlieb und trug nur Babsis großen, warmen Schlafsack. Einen Extra-Träger für unser Gepäck anzuheuern verboten uns Stolz und Reisekasse. Die Jungs mussten eh schon Ausrüstung von bis zu 30 kg die Berge raufschleppen, was für unsereins unmenschlich ist, wenn man bedenkt, welches Tempo die vorlegen, um bei unserer Ankunft schon Zelte aufgebaut und Essen vorbereitet zu haben. Den Rekord des alljährlichen Inkatrail-Marathons hält folglich einer der „porter“ mit einer Zeit von dreieinhalb Stunden(für die Strecke, die wir in 3 Tagen bewältigen!)! Kurzum, mir wurde die Kälte zum Verhängnis, und zwar gleich in den beiden ersten Nächten, in denen ich kein Auge zumachen konnte. Doch Gott sei Dank konnte Babsi gut schlafen, denn bei ihr machte ich mir Sorgen, ob sie mit ihrem doch oft schwachen Kreislauf und fehlender Kondition die Anstrengung bewältigen würde. Vor allem schwang immer die Angst vor der gefürchteten Höhenkrankheit mit, hervorgerufen durch die doch sehr dünne Luft,, die uns am zweiten und vermeintlich anstrengendsten Tag auf dem „Dead womans pass“ auf 4200m Höhe erwarten sollte. Doch Babsi erwies sich als unglaublich zäh und ein plötzlicher Ehrgeiz trieb sie zu einer mehr als beeindruckenden Leistung, nämlich mit mir zusammen die ersten aller Trekker dieses Tages (und das waren nicht wenige!) auf dem Gipfel zu sein, und das nach weniger als zweieinhalb Stunden nach über 1300 Höhenmetern und 9 Weitenkilometern bei strahlendem Sonnenschein! Sie rannte einfach an den sie nervenden anderen Leuten auf dem schmalen Weg vorbei und wollte keine Pause machen, weil sie befürchtete, dann einzurosten und nicht mehr weitergehen zu wollen. So überholten wir auch die schon früher losgegangenen Gruppen und sahen uns auf einmal mit den portern alleine auf weiter Flur. Von Problemen mit der Höhe keine Spur, nur ich war zwischenzeitlich kurz vor Krämpfen in den Oberschenkeln. Schließlich erreichten wir gemeinsam den Gipfel und ich war erfüllt von Respekt und Stolz über Babsis Leistung, es gab auch anerkennende Worte der Träger! (Ich wusste es ja schon immer, dass sie zäh ist, jetzt gibts keine Ausreden mehr für die Zukunft! *grins*). Einig waren wir uns darüber, dass das Ganze nicht so anstrengend war, wie alle immer behaupten. Beim Abstieg schwang dann das Wetter um, Regen und ein kühler Wind machte das Treppenabsteigen zusätzlich zur Belastung für die Knie und Oberschenkel (Muskelkater ist bei mir ja immer garantiert, weshalb ich lieber bergauf laufe) unangenehm. Doch nach knapp dreieinhalb Stunden und 12km waren wir im Camp auf 3600m, wo ein eisiger Wind pfiff und immer wieder Nebelwolken aus dem Tal mit überaschender Geschwindigkeit heraufgekrochen kamen. Nachdem auch die letzten unserer Gruppe mit teils heftigsten Atem – oder Magenproblemen nach 7 – 8 Stunden eintrudelten gabs endlich Mittagessen, und erste Gespräche über das Herumreisen in Südamerika fanden statt. Unser guide war leider eine totale Niete, was das Zusammenfinden der Gruppe anging. Ich weiss bis heute nicht alle Namen der 12 anderen Teilnehmer. Das Essen war große Klasse für die Umstände – jedenfalls nachdem wir den Koch überredet hatten, den Koriander wegzulassen.

Nach einer durchfrorenen Nacht, die meine Laune etwas beeinträchtigte, ging es abermals um halb sieben morgens los, ein kurzer Aufstieg auf den zweiten Pass auf 3900m, einige Erklärungen zu einer Inkaruine, dann endloses Absteigen auf 2900m hindurch durch subtropischen Wald begleitet von Nebel und leichtem Regen. Wir haben uns für die 16km Zeit gelassen, um die Knochen zu schonen. Unten gabs dann für Babsi eine heiße Dusche für einen Euro (war aber wohl eher mässig warm) und für mich eine eiskalte, aber stattdessen das mir wichtigere lecker kühle Bier (unser Geld ging leider langsam zur Neige).

Der Abend im Restaurant war ziemlich lustig, es gab ein hervorragendes Abschiedsessen, die porter nahmen ihr Trinkgeld entgegen (was vermutlich den von der Agentur bezahlten Lohn weit überstieg) und wir quatschten fröhlich beduselt durcheinander. Hatte ein lustiges Gespräch mit der Peruanerin (Ende 30) unserer Gruppe über Männer und Frauen und die diesbezüglichen Verhältnisse in Peru.

Um 22 Uhr waren wir dann alle brav im Bett und Bier sei Dank konnte ich diesmal endlich schlafen. Zumindest bis 3.30 Uhr, da hieß es aufstehen, fertigmachen zum Abstieg auf 2400m, wo uns der Ausblick auf die sagenumwobene Stadt – leider nebelverhangen und nicht mit güldenen Sonnenstrahlen überströmt – erwartete. Babsi war mit dem Sprunggelenk mehrfach umgeknickt und ich hatte eigentlich die ganze Zeit nur Panik um sie, weil sie partout nicht langsamer gehen wollte, bis wir das „Sonnentor“ erreicht hatten.

Do ging wie schon an den beiden vorhergegangenen Tagen die Faszination Inkatrail ein bisschen an meinem Herzen vorbei. Ein Brasilianer, den ich auf dem Abstieg zum Ort Aguas Calientes traf, hat es treffend formuliert: man konnte einfach während der vier Tage keine Verbindung zum Herzen herstellen. Und so ging es mit Ausnahme des ersten Tages auch mir und Babsi. Vielleicht war es die Anstrengung, das trübe Wetter, das endlose Gehen ohne wirklich Zeit (oder einen wohligen Ort) sich hinzusetzen und stundenlang einfach bloß den Anblick zu genießen, wer weiß?! Nachdem wir angekommen in der gut erhaltenen Stadt (die Spanier waren glücklicherweise nie dort, so dass aufgrund der faszinierenden und sogar erdbebensicheren Architektur der Inka nur 30% der Gebäude restauriert werden mussten) die diesmal wirklich interessanten und umfassenden Erläuterungen unseres guides über die Entdeckung der Stadt, Lebensweise, Architektur, Ackerbau und Astronomie der Inka vernommen hatten, machten sich alle außer Chris und mir ziemlich ausgelaugt per Bus auf den Weg nach Aguas Calientes, wo der Zug einige noch am selben Tag (uns dann einen Tag später) nach Cusco zurückbringen sollte.

Mich selbst trieb das Gefühl, noch nicht den emotionalen Zugang zu dieser Stadt und dem gesamten Inkatrailerlebnis gefunden zu haben noch einmal zurück in die Ruinen. Doch ich konnte nicht finden, was ich suchte. Trotzdem war es unterm Strich ein unvergessliches Erlebnis, dem ich mit einer Stunde Jogging im Regen hinab ins Dorf die Krone aufsetzte (war zu geizig für Zahlung weiterer 4Euro für den Bus). Verabschiedet von den anderen aus der Gruppe, die wie ich finde schließlich doch eine Einheit war, lagen Babsi und ich um drei Uhr nach sehnsüchtig erwarteter heißer Dusche im Bett – und wachten erst morgens um halb fünf zur Abfahrt nach Cusco wieder auf.

Eine klitzekleine Enttäuschung wird dem event vermutlich anhaften bleiben, aber zumindest Babsi hat eine neue Seite an sich kennengelernt, eine, die sich wirklich nicht nur meinen Respekt und Stolz verdient hat, nämlich sich zusammenzureißen und ehrgeizig ein Ziel zu verfolgen.

Puno und der Titicacasee mit seinen Inseln Los Uros, Amantani und Taquile

Unser nächstes Ziel war Puno, gelegen am Titicacasee (Titi= Puma, Caca= Fels), höchster schiffbarer See der Welt auf 3800m und Ausgangspunkt für eine 2Tagestour auf die Inseln Taquile, Amantani und die floating islnads der Uro-Indianer. Letztere bestehen rein aus Schilf, das abgeschnitten vom Seegrund nach oben treibt, mit vielen Schichten weiteren Schilfs immer wieder neu belegt wird und so wasserbettähnlich als Insel die Uros beheimatet. Eine faszinierende Lebensweise, den Stengel des Schilfs kann man geschält sogar essen – sieht aus wie Lauch und schmeckt gar nicht schlecht! Das Leben auf den Inseln ist sehr ruhig, Beschäftigungen sind Erhalt der Inseln, Fischfang, Anbau von Kartoffeln (!) und ähnlichem und das Herstellen von Schilfbooten und Kunstwerken für die Touristen. Hat mir gut gefallen dort. Wir sind jedoch bald weiter nach Amantani, wo wir von Familien aufgenommen wurden. Babsi und ich waren mit Karin aus Südtirol und Christoph aus Vorarlberg in einer Familie. Gewohnt haben wir in einer Lehmehütte, typisch für Peru, Erde mit Wasser in eine Form gegossen und als Art Ziegel (von der Sonne gehärtet und leicht gebrannt) benutzt. Erstaunlich warm drinnen. Aber auch sehr staubig – hatte Schwierigkeiten beim Atmen (liegt zusätzlich auch noch auf 4000m Höhe!).

Schnell waren wir umringt von zig Kindern, mit denen wir dann Ball gespielt haben und die sichtlich erpicht waren auf Süßigkeiten und Gastgeschenke, das gibt dem ganzen wieder so einen touristisch unangenehmen touch, doch dazu später mehr. Es war ein lustiges von gegenseitiger Neugierde geprägtes Miteinander, ein bisschen Konversation auf Spanisch (Christoph konnte es recht gut), was ja auch für die Quechua sprechenden Indianer Fremdsprache ist. Nach dem überwiegend aus Kartoffeln und kartoffelähnlichen Yuka bestehenden aber durchaus schmackhaften Essen ging es zusammen mit der Gruppe auf den Bergtempel, von dem aus wir nach einigen Erklärungen des guides über die Lebensweise der Menschen auf Amantani einen nie so wunderschön erwarteten Sonnenuntergang sehen durften, dass uns fast die Tränen kamen! Dieser Ausblick auf den Rest der Insel, auf den See ringsum und sogar Bolivien in der Ferne (Der See ist 12 mal so gross wie der Bodensee und wirkt eher wie ein Meer!) bei den Wahnisinnsfarben war einfach überwältigend! Haben natürlich ein paar tolle Fotos gemacht, auch wenn die Batterien der Digicam leider bald leer waren. Beim Abstieg im Dunkel leuchtete uns die kleine Jaclin, die vor Vergnügen quietschte, als ich sie auf den Arm nahm und als Pferdchen mit ihr „galoppierte“. Vor dem Abendessen habe ich dann den Kids mit Hilfe des Wörterbuchs deutsche Wörter beigebracht – sie drängelten sich alle mit ganz großen Augen im Schein der Kerze um mich herum und lauschten und kicherten zuweilen. Begeistert waren sie auch vom Blitz meiner Kamera, und gegen Fotos hatte niemand etwas einzuwenden, ganz im Gegenteil (ansonsten mögen das Indios aus Mittel- und Südamerika überhaupt nicht – glauben an den Verlust ihrer Seele…). Gekichert haben nach dem Abendessen auch Christoph und ich, nachdem Babsi und Karin quasi gezwungen wurden, die typische Tracht der Amantani-Indianerinnen für die abendliche traditionelle Tanzveranstaltung anzuziehen. Also ein mittelalterlicher Damenhintern war gar nichts gegen diejenigen unser beider Freundinnen *grins*!!! Wir – bekleidet mit einem nicht übel aussehenden Poncho-Überwurf – hatten unsere helle Freude daran, während sich die Mädels aufgrund der unvorteilhaften Röcke, die einfach bei jeder Frau einen dicken Hintern produzieren, sichtlich unwohl fühlten.

Der traditionelle Tanz zu Panflötenklängen und Trommelrhythmus war eher eintönig, vor allem schauen sich die Tanzenden offensichtlich aus welchem Grund auch immer dabei nie an… der Abend war schnell vorüber. Den Sonnenaufgang haben wir so gut wie verpasst, obwohl wir um 5 Uhr aufstanden, in der Hoffnung auf ein ähnliches Erlebnis wie am Vorabend. Er war immer noch schön, aber die Sonne hatte sich schon aus dem Wasser erhoben und das Schauspiel war zuende. Nach einem mageren Frühstück erwartete uns eine unruhige Busfahrt nach Taquile – Insel der strickenden Männer – flauer Magen inklusive, und ein kurzer Aufstieg zum Marktplatz. Dort haben wir uns gemütlich in die Sonne gesetzt und später Forelle gegessen, dann ein paar interessante Ausführungen des guides zu den von den Taquilenos gestrickten und genähten Kleidungsstücken. Anschließend gings zurück nach Puno und wenig später weiter nach Bolivien.

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